Lea Sprunger (Photo: athletix.ch)
Lea Sprunger (Photo: athletix.ch)

Schweizer EM-Team mit ausgezeichneten Perspektiven

Swiss Athletics nimmt mit einem 52-köpfigen und vielversprechenden Team an den am Montag beginnenden Europameisterschaften in Berlin (GER/6. bis 12. August) teil. Ziel der Schweizer Delegation ist die Bestätigung der EM 2016 in Amsterdam (NED), als es die Rekordmarke von fünf Medaillen gab.

Mit Langhürdler Kariem Hussein (Becken/Oberschenkel), Stabhochspringerin Nicole Büchler (schwanger) und Hürdensprinterin Noemi Zbären (Hüfte) fehlen drei Schweizer Aushängeschilder in Berlin. Dennoch gibt es zahlreiche Medaillenkandidaten. Das unterstreicht die immensen Fortschritte in der hiesigen Leichtathletik seit dem „Nuller“ an den Europameisterschaften 2012 in Helsinki (FIN).

Auslöser war die Heim-EM 2014 in Zürich, für die enorme Anstrengungen in der Nachwuchsförderung unternommen wurden. Ein Glücksfall war ausserdem der EM-Titel von Kariem Hussein im Letzigrund. „Es war wichtig zu sehen, dass auch ein Schweizer Europameister werden kann“, sagte Leistungssportchef Peter Haas. „Andere wie Mujinga Kambundji, Lea Sprunger oder Selina Büchel merkten damals, dass sie mithalten können, aber noch nicht ganz zur Spitze gehören. Sie nahmen das auf und arbeiteten hart weiter. So sind Vorbilder entstanden, die andere nachzogen.“

Bronze 2016 – und jetzt?
Mujinga Kambundji (STB) und Lea Sprunger (COVA Nyon) gewannen vor zwei Jahren mit Bronze über 100 m respektive 400 m Hürden ihre erste EM-Medaille. In Berlin scheint nun noch mehr möglich zu sein. Schneller als Sprunger war in diesem Jahr keine Europäerin, obwohl die 28-jährige Waadtländerin die eigenen Erwartungen mit 54,79 Sekunden nicht erfüllte. Für die letztjährige WM-Fünfte ist die Schweizer Bestmarke von Anita Protti aus dem Jahr 1991 (54,25) der Massstab. Diesen Rekord will sie in ihren Besitz bringen.

Sprunger ist nicht nur über 400 m Hürden die Nummer 1 in Europa, sondern auch über 400 m flach. Sie entschied sich aber gegen einen Doppelstart in der deutschen Hauptstadt, schliesslich ist in der Kerndisziplin nicht weniger als Gold das Ziel. Bislang gab es noch nie eine Schweizer Europameisterin in der Leichtathletik.

Allerdings ist auch Kambundji zuzutrauen, für die Premiere zu sorgen. Die 26-jährige Bernerin hörte im vergangenen Herbst auf ihr Gefühl und verliess nach vier Jahren Trainer Valerij Bauer, der sie an die europäische Spitze geführt hatte. Die Umstellungen im Training zeigten die gewünschte Wirkung; Kambundji blieb Mitte Juli an den nationalen Meisterschaften in Zofingen mit 10,95 Sekunden als erste Schweizerin über 100 m unter elf Sekunden. Von ihren Konkurrentinnen in Berlin erzielte 2018 einzig die Britin Dina Asher-Smith (10,92) eine bessere Zeit.

Ausserdem ist Kambundji ein ausgesprochener Wettkampftyp. Insofern ist ihr auch über 200 m eine Top-3-Klassierung zuzutrauen. In dieser Disziplin nimmt sie in der europäischen Saisonbestenliste mit 22,48 Sekunden den 4. Platz ein. Die Hallen-WM-Dritte über 60 m kann gar von drei Medaillen träumen, da die 4×100-m-Staffel der Schweizerinnen intakte Chancen auf einen Podestplatz besitzt.

Gold 2016 – und jetzt?
Eine weitere Medaille strebt Tadesse Abraham (LC Uster) an, nachdem er vor zwei Jahren in Amsterdam souverän Europameister im Halbmarathon geworden war und entscheidend dazu beitrug, dass auch das Schweizer Team Gold gewann. Ein Triumph in Berlin wäre umso spezieller, als der gebürtige Eritreer am 12. August, am Tag des Rennens, den 36. Geburtstag feiert. Allerdings gibt es in einem Marathon viele Unwägbarkeiten. Das erlebte Abraham Anfang März am Lake Biwa in Japan, wo er wegen Atemproblemen nach gut der Hälfte des Rennens aufgeben musste. Das beschäftigte ihn sehr. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Olympia-Siebte die richtigen Schlüsse daraus gezogen und sich in Äthiopien perfekt vorbereitet hat.

Ein weiterer Schweizer Medaillenkandidat ist Alex Wilson (Old Boys Basel) über 200 m als Europas Nummer 3 in diesem Jahr. Der 27-jährige Basler muss aber erst noch zeigen, dass er auch an einem Grossanlass sein Potenzial abrufen kann. Das bereits bewiesen hat 800-m-Läuferin Selina Büchel (KTV Bütschwil), die in der Halle zweimal EM-Gold holte. Im Freien wartet sie nach dem 4. Rang in Amsterdam aber noch auf einen EM-Podestplatz.

Das Schweizer Aufgebot. Männer. 100 m: Florian Clivaz (GG Bern/ Saisonbestleistung 10,36), Silvan Wicki (BTV Aarau/10,17), Alex Wilson (Old Boys Basel/10,14). – 200 m: Wicki (20,60), Wilson (20,14). – 400 m: Joel Burgunder (LC Zürich/47,10). – 1500 m: Jan Hochstrasser (BTV Aarau/3:38,73). – 5000 m: Jonas Raess (LC Regensdorf/13:39,08), Julien Wanders (Stade Genève/13:27,72). – 10’000 m: Wanders (28:07,15). – 110 m Hürden: Jason Joseph (LC Therwil/13,39), Brahian Peña (GG Bern/13,74). – 400 m Hürden: Dany Brand (LC Zürich/51,03), Alain-Hervé Mfomkpa (Lausanne-Sports/49,97). – Hoch: Loïc Gasch (US Yverdon/2,24). – Stab: Dominik Alberto (LC Zürich/5,35). – Weit: Benjamin Gföhler (LC Zürich/8,00), Christopher Ullmann (Old Boys Basel/7,78). – Marathon: Tadesse Abraham (LC Uster/2:12:01, 2017), Marcel Berni (TV Länggasse/2:19:19), Andreas Kempf (TSV Düdingen/2:19:22, 2017), Christian Kreienbühl (TV Oerlikon/2:17:17, 2017), Patrik Wägeli (LC Frauenfeld/2:17:02, 2017), Geronimo von Wartburg (LV Winterthur/2:19,26, 2017). – 4×100 m: Sylvain Chuard (Lausanne-Sports/10,65), Clivaz, Suganthan Somasundaram (LC Zürich/10,59), Wicki, Wilson. – 4×400 m: Brand, Burgunder, Charles Devantay (SA Bulle/46,83), Jonas Gehrig (LC Zürich/46,99), Mfomkpa, Ricky Petrucciani (LC Zürich/46,88).

Frauen. 100 m: Mujinga Kambundji (ST Bern/10,95), Salomé Kora (LC Brühl/11,25), Ajla Del Ponte (US Ascona/11,21). – 200 m: Sarah Atcho (Lausanne-Sports/22,80), Cornelia Halbheer (LV Winterthur/23,12), Kambundji (22,48). – 800 m: Selina Büchel (KTV Bütschwil/2:00,78), Lore Hoffmann (CA Sierre/2:02,82). – 1500 m: Delia Sclabas (Gerbersport/4:10,10). – 400 m Hürden: Yasmin Giger (NET Sport Club Leichtathletik Amriswil/56,98), Robine Schürmann (LC Zürich/55,53), Lea Sprunger (COVA Nyon/54,79). – 3000 m Steeple: Chiara Scherrer (TG Hütten/9:44,59), Fabienne Schlumpf (TG Hütten/9:39,89). – Stab: Angelica Moser (LC Zürich/4,40). – Siebenkampf: Annik Kälin (AJ TV Landquart/5844), Géraldine Ruckstuhl (STV Altbüron/6357, 2017). – Hammer: Nicole Zihlmann (LC Luzern/67,42). – Marathon: Laura Hrebec (CS 13 Etoiles/2:40:28, 2017), Karoline Moen Guidon (TG Hütten/2:40:36, 2017), Susanne Rüegger (LK Zug/2:39:39, 2017), Martina Strähl (LV Langenthal). – 4×100 m: Atcho (11,20), Samantha Dagry (Lausanne-Sports/11,70), Halbheer (11,46), Kambundji, Kora, Del Ponte. – 4×400 m: Giger (54,87), Hoffmann (54,14), Fanette Humair (FSG Bassecourt/53,66), Rachel Pellaud (FSG Bassecourt/53,97), Veronica Vancardo (TSV Düdingen/54,64), Vanessa Zimmermann (LC Zürich/54,39).

Swiss Athletics berichtet auf der Website von der EM und führt auch eine eigene EM-Subsite mit hilfreichen Zusatz-Informationen rund um die Schweizer Equipe. Ausserdem werden die Social-Media-Kanäle Facebook, Twitter und Instagram laufend mit Fotos und Videos bespielt.

Die Fernseh-Stationen SRF, RTS und RSI übertragen ab Montag live und umfassend aus Berlin. Zusätzliche Video-Beiträge aus dem Umfeld des EM-Teams finden sich auf ubs-athletics.fans und athle.ch. Vor Ort ist auch ein Team von athletix.ch, dass die Schweizer Leichtathletik-Community laufend mit Fotos aus dem Olympiastadion versorgt.

Link zu Zeitplan und Resultaten

(sda)