William Reais (Photo: athletix.ch)

14 Schweizer Athleten in den Top Ten Europas

In der zu Ende gegangenen Freiluftsaison präsentierten sich die Schweizer Leichtathleten im besten Licht. 14 von ihnen platzierten sich mit hervorragenden Leistungen in den Top-Ten der europäischen Saisonbestenliste. Vor allem die junge und aufstrebende Athletengeneration sorgte in diesem Sommer für die grossen Schlagzeilen.

Die Leistungen der Schweizer Leichtathleten waren in dieser Freiluftsaison in aller Munde. Trotz Einschränkungen in der Vorbereitung und Unsicherheit um die Wettkämpfe brillierten sie mit Siegen in der Diamond-League, Schweizer Rekorden und weiteren Topleistungen. Ein Blick in die Statistiken der internationalen Verbände European Athletics und World Athletics verdeutlichen eindrücklich, auf welch hohem Niveau sich die Schweizer Athleten in dieser Saison bewegt haben. In der europäischen Saisonbestenliste lässt sich die Schweizer Flagge gleich 20 Mal in den Top Ten der verschiedenen Disziplinen finden. Deren zehn sind es auf der weltweiten Bestenliste. Werden selten gelaufene Distanzen, wie zum Beispiel 300 m, dazugezählt, sind es gar noch drei mehr.

Zwei Sprinter an der europäischen Spitze
Die grössten Erfolge feierte die Sprinterin der Stunde Ajla Del Ponte (US Ascona). In Bulle stiess sie mit einer Zeit von 11,08 Sekunden über 100 m in neue Sphären vor – keine europäische Athletin lief in dieser Saison schneller. Beflügelt von diesem Erfolgserlebnis gelang der Tessinerin in Monaco und Stockholm (SWE) gleich zwei Mal der grosse Coup. Sie fuhr zwei Diamond-League-Siege ein, was bisher noch keiner Schweizerin gelungen ist. Bei zehn Rennen über 100 m überquerte Del Ponte die Ziellinie neun Mal als Erste. Dieser Leistungs-Exploit kam keinesfalls ohne Vorankündigung, bereits in der Hallensaison figurierte die 24-Jährige in der europäischen Saisonbestenliste über 60 m auf Rang 1.

Schneller als alle anderen Europäer in dieser Saison sprintete auch William Reais (LC Zürich). Der erst 21-jährige Bündner setzte seiner glänzenden Saison an den Schweizer Meisterschaften in Basel mit der Topzeit von 20,24 Sekunden über 200 m die Krone auf. Reais katapultierte sich damit nicht nur an die Spitzenposition der europäischen Saisonbestenliste, sondern verbesserte auch seinen eigenen Schweizer U23-Rekord, welchen er zuvor in La Chaux-de-Fonds Alex Wilson (Old Boys Basel) abgenommen hatte.

Vor dem Exploit von Reais sorgte mit Silvan Wicki (BTV Aarau) bereits ein weiterer Schweizer Sprinter für Furore. In Bulle schrammte der Basler mit 10,11 Sekunden über 100 m um nur gerade 3 Hundertstel am Schweizer Rekord von Alex Wilson vorbei. Auch über 200 m zeigte der 25-Jährige mit 20,45 Sekunden eine hervorragende Leistung und feierte in Stockholm bei seiner Diamond-League-Premiere im Ausland einen Podestplatz. Mit diesen Zeiten belegt er die Plätze 4 und 3 in Europa.

Über die Kurzhürden war es ebenfalls ein Basler, der in dieser Saison zahlreiche Glanzpunkte setzte. Der letztjährige WM-Halbfinalist Jason Joseph (LC Therwil) schraubte seinen eigenen Schweizer Rekord über 110 m Hürden in Bern und Basel gleich zwei Mal nach unten. 13,29 Sekunden machen ihn zur Nummer 4 Europas und Nummer 8 der Welt in diesem Jahr. In seinem letzten Saisonrennen in Doha (QAT) holte er sich zudem seinen ersten Diamond-League-Podestplatz.

Schweizer Techniker springen hoch und weit hinaus
8,15 m – hervorragend für einen Schweizer Weitspringer, phänomenal für einen Zehnkämpfer. Simon Ehammer (TV Teufen) übertraf in dieser Saison alle Erwartungen. Im Weitsprung ist er Europas Nummer 2, über 110 m Hürden belegt er mit 13,47 Sekunden Platz 5, im Zehnkampf erzielte weltweit nur ein Europäer eine bessere Punktzahl. An den Schweizer Mehrkampf-Meisterschaften reihte der junge Appenzeller Bestleistung an Bestleistung und feierte mit der Gesamtpunktzahl von 8231 Punkten einen Schweizer U23-Rekord. Die Siebenkämpferin Annik Kälin (TV Landquart) überzeugte ebenfalls mit einer persönlichen Bestleistung von 6170 Punkten und Rang 8 in der Jahresweltbestenliste.

Zwei Athleten setzten in dieser Saison zu neuen Höhenflügen an. Loïc Gasch (US Yverdon) übersprang in Aarau 2,30 m – eine Höhe, die ihn zu absoluter Weltklasse macht. Dementsprechend hoch ist auch seine Rangierung in den internationalen Bestenlisten: Rang 2 in Europa, Rang 3 weltweit. Angelica Moser (LC Zürich) steigerte im Stabhochsprung ihre persönliche Bestleistung auf 4,66 m, was sie zu einer der besten 10 Springerinnen weltweit dieser Saison macht. Am City-Event des Diamond-League-Meetings Athletissima in Lausanne sprang die 22-Jährige als Dritte aufs Podest.

Schweizer Mittelstrecklerinnen an der Weltspitze
Für Selina Rutz-Büchel (KTV Bütschwil) war es ein Zurückfinden zu alter Stärke, für Lore Hoffmann (ATHLE.ch) ein lange angekündigter Exploit, als die beiden 800-m-Läuferinnen mit 1:58,37 und 1:58,50 Minuten die Bahn in Bellinzona zum Glühen brachten. Weltweit liefen nur zwei Athletinnen in dieser Saison schneller – eine davon, die Norwegerin Hedda Hynne, im selben Rennen an der Galà dei Castelli. Gleichzeitig stehen diese Leistungen nun an zweiter und dritter Stelle der ewigen Schweizer Bestenliste hinter dem Schweizer Rekord von Rutz-Büchel aus dem Jahr 2015 (1:57,95). Bereits über 600 m lieferte Hoffmann einen Beweis ihrer Klasse, als sie beim Final des Coupe des Clubs über diese selten gelaufene Distanz mit 1:26,38 Minuten die Jahresweltbestleistung aufstellte.

Mit Jonas Raess (LC Regensdorf) und Tom Elmer (LC Zürich) vermochten auch bei den Männern zwei Läufer ihr Potenzial in dieser Saison auszuschöpfen. Spannende Duelle gab es zwischen dem Zürcher und dem Glarner, die Raess jeweils im Schlussspurt für sich entscheiden konnte. So auch über die Meile in Luzern, als beide Läufer die magische 4-Minuten-Grenze knackten und sich damit in die europäische Top-Ten der Saison beförderten. Raess, der im Gegensatz zum Mittelstreckenspezialisten Elmer auch auf den längeren Distanzen zuhause ist, überzeugte zudem mit einer Topzeit über 5000 m in 13:20,08 Minuten, mit welcher er nun auf Rang 5 der ewigen Schweizer Bestenliste steht. Über dieselbe Distanz lief Fabienne Schlumpf (TG Hütten) in 15:10,31 Minuten gar auf Platz 2 der nationalen Allzeitbestenliste. Damit wäre sie in Europa die Nummer 5 der Saison, doch wird die Leistung aufgrund des gemischten Rennens nicht in der kontinentalen Bestenliste geführt.

Aushängeschilder von Verletzungen geplagt
Diese Saison stand für einmal nicht nur unter dem Stern der grossen Aushängeschilder, sondern auch der jungen Hoffnungsträger, die sich an der europäischen Spitze etablieren. Aufgrund von Verletzungen mussten Topathleten wie Mujinga Kambundji (STB) und Alex Wilson die Saison frühzeitig abbrechen oder ganz auslassen. Trotzdem platzierte sich Kambundji während ihrer kurzen Saison mit 11,21 Sekunden über 100 m auf Rang 5 der europäischen Saisonbestenliste. Nach frühen Saisoneinsätzen über 300 m Hürden meldete sich Lea Sprunger (COVA Nyon) nach einer verletzungsbedingten Pause in ihrer Paradedisziplin zurück und sorgte beim letzten Saisonrennen in Bellinzona für eine Topzeit (54,98), mit welcher sie sich auf Platz 4 der weltweiten Saisonbestenliste über 400 m Hürden klassierte.

Auch wenn die Trainings- und Wettkampfbedingungen in diesem Jahr in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich waren, sind diese ausgezeichneten Platzierungen der Schweizer Leichtathleten keinesfalls zu unterschätzen. Die Athleten bewiesen mit ihren glänzenden Leistungen, dass sie das Beste aus der Situation gemacht und die Chance genutzt haben, ohne den Druck eines Grossanlasses zur Höchstform aufzulaufen.

Zu den Saisonbestenlisten von European Athletics
Zu den Saisonbestenlisten von World Athletics

(eig)