Mujinga Kambundji, Ajla Del Ponte (Photo: athletix.ch)
Mujinga Kambundji, Ajla Del Ponte (Photo: athletix.ch)

Ajla Del Ponte und Mujinga Kambundji schreiben in Tokio Geschichte

Mit den Rängen 5 und 6 im schnellsten 100-m-Olympia-Final der Geschichte sorgten Ajla Del Ponte und Mujinga Kambundji für eine historische Leistung. Die Gefühlswelt der beiden, die nur zwei Hundertstel trennten, waren aber verschieden. Lore Hoffmann schrammte über 800 m nur knapp am Final vorbei.

Ajla Del Ponte (SU Ascona) entschied das Schweizer Duell auf den letzten Metern zu ihren Gunsten und blieb nach dem Schweizer Rekord im Vorlauf vom Freitag (10,91) mit 10,97 zum zweiten Mal unter elf Sekunden. Die 25-jährige Tessinerin kämpfte mit den Tränen, als sie das Erreichte in Worte zu fassen versuchte. «2012 war ich eine Sechzehnjährige, die im Fernsehen die Olympischen Spiele von London geschaut hat, und dachte, es wäre schön, einmal bei Olympia dabei zu sein – und nun bin ich Fünfte im Final über 100 m.»

Denn Durchbruch hatte Del Ponte im Corona-Jahr 2020 geschafft, den sie mit dem EM-Titel in der Halle über 60 m in diesem Frühjahr bestätigte. Ihr Selbstvertrauen stieg in unbekannte Höhen – ehe ausgerechnet das Coronavirus sie abrupt stoppe. Zwar zeigte sie keine starken Symptome, dennoch brauchte sie zwei Monate, «bis ich mich wieder mich selbst fühlte». Beim Saisonhöhepunkt war Del Ponte auf den Punkt bereit und lief die drei besten Zeiten ihrer Karriere. Mit Rang 5 im Olympia-Final erreichte sie ein grandioses Ergebnis mitten in der Weltelite.

Del Ponte bewies Nerven aus Stahl, denn sowohl im Halbfinal als auch im Final gelang ihr der Start nicht wunschgemäss. Sie verkrampfte sich aber nicht – im Gegenteil. Ihr Bruder habe ihr vor dem Final eine Nachricht geschickt, die sie sehr berührt habe. «Er schrieb mir, ich solle mit meinem Herzen laufen und so frei, wie ich es als Kind getan hatte.»

Mujinga Kambundji: «Hätte schneller laufen können»
Gemischte Gefühle hatte Mujinga Kambundji (STB). Die 29-jährige Bernerin erreichte zwar ihr Ziel, den ersten grossen Final über 100 m, zeigte sich aber mit der Zeit von 10,99 etwas enttäuscht. «Man will natürlich immer mehr. Und ich hatte das Gefühl, dass ich schneller hätte laufen können.» Letztlich zähle aber in einem Final nur der Rang, und da die Medaillen sowieso ausser Reichweite gewesen waren, hielt sich Kambundjis Unzufriedenheit in Grenzen.

Sie sei vor allem vor dem Halbfinal sehr nervös gewesen, weil sie diesen Final unbedingt gewollt habe. «Ich muss das Ganze etwas setzen lassen, vielleicht bin ich morgen schon etwas zufriedener.»

Eine Premiere auf höchstem Niveau
Mit Del Ponte und Kambundji standen erstmals überhaupt Schweizer Athletinnen in einem Olympia-Final über 100 m. Neben Jamaika stellte die Schweiz als einzige Nation zwei Finalistinnen. «Es ist eine Leistung, die nicht hoch genug bewertet werden kann», sagte Jürg Stahl, der Präsident von Swiss Olympic. «Ein weiterer sporthistorischer Moment, und der verdiente Lohn der harten Arbeit, die die Athletinnen und ihr Umfeld leisten und geleistet haben.»

Lore Hoffmann wird über 800 m Neunte
Auch die 800-m-Läuferin Lore Hoffmann (ATHLE.ch) kann mit ihrer Leistung zufrieden sein. Nur ein Zehntel fehlte der 25-jährigen Olympia-Debütantin aus dem Wallis zum Einzug in den Final. Hoffmann lief im zweiten von drei Halbfinals in sehr guten 1:59,38 Minuten als Vierte ein und durfte hoffen, sich über die Zeit für den Final zu qualifizieren. Am Ende reichte es aber nur zu Rang 9. «Ich dachte: Schade, aber ein 9. Platz an Olympischen Spielen ist ein sehr gutes Resultat, darum bin ich nicht enttäuscht.» Hoffmann darf sich über die drittbeste Zeit ihrer Karriere freuen.

Dem Sprinter Silvan Wicki (BTV Aarau) gelang im 100-m-Vorlauf der erhoffte Exploit nicht. Der Basler blieb in 10,28 sechs Hundertstel über seiner Saison-Bestzeit und schaffte es als Sechster seines Vorlaufs nicht in die Halbfinals. «Das Rennen kann ich in die Tonne treten», zeigte er sich nicht zufrieden. «Ich war nicht explosiv am Start, kam zu hoch raus und verlor da bereits einen Zehntel.»

Tokio. Olympische Spiele. Samstag. Finals. Männer. Diskus: 1. Daniel Stahl (SWE) 68,90. 2. Simon Pettersson (SWE) 67,39. 3. Lukas Weisshaidinger (AUT) 67,07.
Frauen. 100 m (GW 0,6 m/s): 1. Elaine Thompson-Herah (JAM) 10,61. 2. Shelly-Ann Fraser-Price (JAM) 10,74. 3. Shericka Jackson (JAM) 10,76. 4. Marie-Josée Ta Lou (CIV) 10,91. 5. Ajla Del Ponte (SUI) 10,97. 6. Mujinga Kambundji (SUI) 10,99. 7. Teahna Daniels (USA) 11,02. 8. Daryll Neita (GBR) 11,12.
Mixed. 4×400 m: Polen (Karol Zalewski, Natalia Kaczmarek, Justyna Swiety-Ersetic, Kajetan Duszynski) 3:09,87. 2. Dominikanische Republik (Lidio Andres Feliz, Marileidy Paulino, Anabel Medina Ventura, Alexander Ogando) 3:10,21. 3. USA (Trevor Stewart, Kendall Ellis, Kaylin Whitney, Vernon Norwood) 3:10,22.
Halbfinals. Frauen. 100 m. 1. Serie (0,0 m/s): 1. Thompson-Herah 10,76. 2. Del Ponte 11,01. – 3. Serie (RW 0,3 m/s): 1. Fraser-Price 10,73. 2. Kambundji 10,96.
800 m. 2. Serie: 1. Athing Mu (USA) 1:58,07. – Ferner: 4. Lore Hoffmann (SUI) 1:59,38. – Hoffmann ausgeschieden.
Vorläufe. Männer. 100 m. 2. Serie (RW 0,3 m/s): 1. Enoch Adegoke (NGR) 9,98. – Ferner: 6. Silvan Wicki (SUI) 10,28. – Wicki ausgeschieden.
Frauen. 100 m Hürden. 5. Serie (RW 0,3 m/s): 1. Jasmine Camacho-Quinn (PUR) 12,41. – Ferner: 8. Ditaji Kambundji (SUI) 13,17. – Kambundji ausgeschieden.
400 m Hürden. 4. Serie: 1. Femke Bol (NED) 54,43. Ferner: 6. Yasmin Giger (SUI) 57,03. – 5. Serie: 1. Dalilah Muhammad (USA) 53,97. Ferner: 3. Lea Sprunger (SUI) 54,74. – Sprunger in Halbfinals, Giger ausgeschieden.

Link zur Bildergalerie von athletix.ch

Link zur Newsmeldung mit den Schweizer Leichtathletik-Einsätzen

Link zur Olympia-Website von Swiss Olympic

Link zu Einsatzzeiten und Resultaten

Link zur Olympia-Website von World Athletics

Link zur Olympia-Statistik von Swiss Athletics

(SDA/fre)